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BETRACHTUNGEN

Schottische Whisky-Regionen – Sinn & Unsinn / Teil I – „Wie man Grenzen zieht“

Vorweg, dies ist keine Betrachtung zur Qualität, sondern zu einem Typisierungsschema, das meiner Meinung nach kaum noch Substanz besitzt.
Wie viel Wahrheit steckt denn in diesen oft willkürlich gezogenen Grenzen. Kann eine Region wirklich als Orientierungshilfe dienen. Erzeugt die Umgebung, in der produziert wird, heute tatsächlich noch so prägende Nuancen, dass diese Einteilungen Bestand haben? Kein Zweifel, der Ort, an dem gelagert wird, wo ein stetiger Austausch zwischen Fass und Umland erfolgt, hat Einfluss, das stelle ich nicht in Abrede! Aber in den Zeiten moderner Produktions- und Lagermethoden werden auch diese Einflüsse bewusst manipuliert und durch deutlich stärkere Faktoren überlagert. Als Beispiel können wir moderne Lagerhäuser nehmen, in denen weit mehr als 3 Reihen Fässern übereinander lagern, dichte Betonböden und klimatisiert wird. Wieviel natürlicher Einfluss kann hier noch herrschen? Oder das Finish mit einem dominanten Fass: zum Teil reichen wenige Wochen und der in Jahren gereifte Grund-Charakter eines Whiskys kann eine komplett neue Richtung einnehmen. Und dies ist eine bewusste Entscheidung der Destillen, deswegen stellt sich die Frage: warum diese Einteilung?

Grundsätzlich sollte zwischen den tatsächlichen Einflüssen einer Region, wie Klima, Vegetation, Wassereigenschaften usw. und denen in der Produktion bzw. in der Lagerung bewusst erzeugten Eigenschaften zu unterscheiden. Das könnten der dreifache Brand, die Fass-Auswahl, oder Maische-Zusammensetzung sein. Denn diese Faktoren können problemlos geändert werden. Vielfach werden in einer Destille ausdrücklich bestimmte Merkmale erzeugt, um in das regionale Schema zu passen.
(kräftig/robust für die Highlands, leicht/filigran in den Lowlands, oder fruchtig/ausgewogen in der Speyside).
Also werfen wir jetzt mal einen kritischen Blick auf diese Whisky-Regionen.

 

Lowlands

Die Lowlandgrenze wurde sowieso nie nach geschmacklichen Eigenschaften definiert, sondern nach rein praktischen Gesichtspunkten. In alter Zeit war dies eine steuerliche Grenze, bis hier ließ sich das geltende Steuergesetz einigermaßen kontrollieren!

Daraus resultierte sogar, dass der Whisky der Lowlands als ungenießbar galt und verachtet wurden.
Da legal, konnten größere/höhere Brennblasen verwendet werden. Die Verwendung günstigerer Getreide und auch der 3fache Brand erhöhten die Ausbeute und senkten die Produktionskosten, führte aber auch zu einem starken Qualitätsverlust, was dem Destillat die Verachtung der Einheimischen einbrachte!

Klimatisch mag es leichte Unterschiede, die sich in der Reifung auswirken, zu den Highland-Whiskys geben, doch die sind marginal und werden bei weitem durch produktionsbedingte Faktoren überlagert. Eine Grenze die es eigentlich gar nicht geben sollte!

 

Highlands

Traditionell waren in den schwerer zugänglichen Highlands kleinere Brennapparate aus den Zeiten des Schwarzbrennens verbreitet. Das wurde ein stückweit auch weitergeführt, als man längst legal produzieren konnte. Im Boom-Zeitalter des 19ten Jh. produzierten fast alle Destillen für die übermächtige Blended-Whisky Industrie. Kräftige Destillate, die zum Verschneiden geeignet waren, aber oftmals auch sehr eindimensional. Doch im modernen Zeitalter des Single Malt orientieren sich die Destillen wieder zunehmend darauf eigene, komplexere Whiskys herzustellen, die wiedererkannt werden. Diese Grenze besagt eigentlich gar nichts.

 

Speyside

Das Kernland des schottischen Whiskys! Es waren wohl eher die ökologischen Voraussetzungen die eine riesige Zahl Brennereien sich entlang des Flusses Spey anzusiedeln, beste Verkehrsanbindungen, ausreichend Kühlwasser und ein fruchtbares Umland, das für reichlich Getreide sorgte. Und selbst in dieser Zeit konnte es, bei dieser Vielzahl von Destillen, nicht sein das eine ganze Region ein gleichförmiges Geschmacksprofil erzeugt. Auch damals war es nötig sich zu unterscheiden. Übereinstimmungen waren zum Großteil darauf zurückzuführen das produziert wurde was bei den Blendfirmen guten Absatz fand.

Doch diese Zeiten sind lange her, heute kommt Getreide aus der ganzen Welt zum Einsatz und die Brennereien wollen individuell wahrgenommen werden. Diese Grenze hat sich überholt!

 

Die Inseln

Die Destillen, die sich über alle Inseln Schottlands verteilen, von den südlichsten der inneren Hebriden bis hoch in den Norden zu den Mainlands der Orkneys stammen aus den verschiedensten Zeitabschnitten, verfügen weder über gleiche Traditionen oder Technik. Somit ist eine Verallgemeinerung schon per se eigentlich unsinnig! Und doch besitzt genau diese Gruppe von Destillen, auch in unseren modernen Zeiten Übereinstimmungen! Die Abgelegenheit der meisten Inseln sorgt dafür, dass fast alles, was produziert wird, zumeist auch auf den Inseln lagert und reift. Somit werden die meisten Destillate Aromen von Seeluft und Salzaromen aufnehmen.

Aber eigentlich müsste diese Gruppe dann um küstennahe Brennereien und Lagerstätten, die in Meeresnähe stehen ergänzt werden! Diese Grenze besitzt noch Substanz, ist leider nur nicht vollständig!

 

Campbeltown

Die Zeit, in der es in Campbeltown auf engstem Raum unzählige Brennereien gab, ist lange her. Profitiert hat man damals vor allem vom eigenen Hafen, für Anlieferung und Abtransport. Dieser Trumpf hat wenig mit dem einheitlichen und genialen Spirit von Campbeltowns Destillen zu tun, der uns suggeriert wird, vielmehr mit einem strategischen Vorteil. Ein Vorteil, der sich vor allem in der Prohibition auszahlte und das Ende doch nicht aufhalten konnte – zu groß war die Abhängigkeit von diesem einen Markt USA! Wären alle Whiskys aus Campbeltown überragend gewesen, dann hätten wohl auch mehr den Zusammenbruch überlebt! Diese Grenze hat eigentlich nur Marketinggründe!

 

Islay

Islay ist Islay, weil es so sein muss! Klingt komisch, ist aber so.
Die Whiskys von der Insel Islay müssten ja schon per Definition wohl zur Gruppe der Inseln gezählt werden. Aber Islay besitzt einen Sonderstatus, der sich heutzutage auf die torfigsten Whiskys der Welt bezieht. Ja, wohl auch schon früher lag kräftiger Torfrauch über einem Glas Islay Whisky und doch war das Thema Torf weiterverbreitet. Torf war ein günstiges Heizmaterial, beim Befeuern der Brennblasen und auch beim Darren des Gerstenmalzes. Also muss rauchiges Aroma im größeren Maß auch durch die anderen Regionen gezogen sein.

Islay hat den rauchigen Whisky nicht erfunden, es ist umgekehrt, der rauchige Whisky hat Islay erfunden. Denn die Insulaner waren nur schneller und cleverer als andere, Sie haben ihr unbestritten großes Talent in diesem Segment genutzt, um dadurch aus dem Meer an Whisky herauszuragen. Und Sie haben immer fleißig an diesem Mythos weitergestrickt! Rauch können in zwischen auch andere, aber noch ist Islay in seiner Konsequenz unerreicht! Eine Grenze die sich selbst definiert – ob notwendig darf bezweifelt werden?

In diesem Sinn, immer zweifingerbreit im Glas!
Euer Jürgen

Im 2ten Teil dieser Betrachtung wenden wir uns der Frage zu, was vielleicht besser geeignet wäre, um Whiskys zu kategorisieren.